Die Megadürre und der Hedgefondspubliziert

 

Dienstag, 9. Sep 2014

 

Die Dürre hat eigentlich schon begonnen. Die grossen Trinkwasserquellen im Südwesten der USA - namentlich das Grundwasser und das Wasser des aus der jährlichen Schneeschmelze gespiesenen Colorado-Flusses - befinden sich sozusagen im freien Fall.

 

Ausbleibende Schneefälle im Winter und Rekordhitze im Sommer stellen das langfristige Überleben der Bevölkerung von Kalifornien bis zum westlichen Texas in frage. Es wurden schon Beschränkungen für den Bezug von Grundwasser für die Landwirtschaft erlassen und die Versorgung der USA mit Wintergemüse ist ernsthaft gefährdet, sollte das Imperial Valley wegen des versiegenden Colorados kein Wasser für die dortigen Kulturen mehr bekommen - wobei vermutlich andere zuerst kein Wasser mehr hätten.

 

Grosse Dürre-Perioden prophezeit

Die Chancen für die Dürre stehen leider erschreckend gut. In einer neuen Studie der Cornell Universität in New York und der Universität von Arizona wird die bisherige Annahme, dass die Wahrscheinlichkeit auf eine zehnjährige Dürre unter 50 Prozent liegen, auf über 80 Prozent korrigiert. Dabei wurde auch festgestellt, dass die Möglichkeit einer Mega-Dürre von 35 Jahren immer noch bei mehr als einem Drittel liegt, jene für eine fünfzigjährige Trockenheit immer noch bei 5 - 10 Prozent anzusiedeln sei. Diese Zahl ist nicht zu unterschätzen: Wäre die Chance beim Überqueren einer Strasse über den Haufen gefahren zu werden gleich gross, würde sich kein Mensch mehr über einen Fussgängerstreifen wagen.

 

Die Gründe für diese Dürregefahr sind vielfältig und die anthropogene Klimabeeinflussung ist nur einer von diesen. Wichtige Hinweise kommen auch aus der Paleo-Klimatologie, wo Beweise für sogar hundertjährige Dürren in dieser Region gefunden wurden.

 

Untergang der frühen Maya und der Tolteken

 

So war auch der Untergang der frühen Maya und der Tolteken etwas weiter südlich auf eine Megadürre zurück zu führen. Denn als die spanischen Konquistadoren die Azteken besiegten, stiessen sie auf einen Gegner, der durch eine fünf Jahre anhaltende Dürre geschwächt war. Dies hatte nicht nur wirtschaftliche sondern auch gesellschaftliche Auswirkungen, da die «Gottkönige» es offenbar trotz Menschenopfer nicht schafften, dass die Götter den rettenden Regen schickten.

 

Diese Projektionen, die auf den besten momentan erhältlichen Daten abgestützt sind und geschichtlich untermauert werden, würden eigentlich den Staat auf den Plan rufen müssen -  wie auch die Abwehr von Asteroiden übrigens. Oder wäre dies eher ein Fall für die Privatwirtschaft, weil diese - so der derzeitige Tenor - sowieso alles besser kann? Berechtigte Zweifel sind angebracht. Das zeigt sich dort, wo die Privatisierung von staatlichen Aufgaben schon begonnen hat.

 

Beispiel des privatisierten Strafvollzug

 

In den USA wurde mit dem Kostenargument vielerorts das Strafvollzugswesen privatisiert. Die dort tätigen Firmen argumentieren, dass sie alles, was der Staat mache, auch leisten würden - Unterbringung, Verpflegung, Bewachung und Resozialisierung - einfach billiger und besser. Wirklich? Denn möglichen Investoren wird in Werbebroschüren versprochen, dass es das Ziel dieser Gefängnisse sei, möglichst voll zu sein und so möglichst viel Gewinn abzuwerfen. Um dies zu erreichen, wird dafür gesorgt, dass die Resozialisierung, die ja eines der wichtigsten Ziele eines Gefängnisses sein sollte, faktisch unterbleibt. Dies wird allerdings nicht so formuliert - stattdessen wird eine hohe Rückfallrate garantiert!

 

Diese Firmen haben das Ziel, die Insassen möglichst kriminell zu halten - was zweifelsfrei der kapitalistischen Gewinnmaximierung entspricht, jedoch kaum den Zielen der Gesellschaft. Nicht zuletzt deshalb ist der Anteil der Gefängnispopulation an der Gesamtbevölkerung in den USA höher als in allen anderen zivilisierten Staaten - verurteilte Kriminelle sind ein gutes Geschäft.

 

Gefährdete Grossstädte

 

Doch zurück zur Dürre. Sollte nur schon eine zehnjährige Dürre eintreffen, wären viele Grossstädte fundamental gefährdet. Beginnend in Los Angeles, aber auch das Central Valley mit Sacramento wäre betroffen. Es würde sich weiter über Las Vegas, Phoenix und und bis ins westliche Texas hinein ziehen. Ein Horror-Szenario? Ja - sofern man nicht Wasserrechte besitzt.

 

Im amerikanischen Westen sind die Rechte am Wasser käuflich - sprich: Das Recht auf das Wasser, dass auf dem Land des Bundes niedergeht, hindurch fliesst, schmilzt oder sonst wie (zum Beispiel aus Quellen) vorkommt, kann gekauft und dann an den Meistbietenden weiter gegeben werden. Diese Rechte wurden ursprünglich Siedlern im späten 19. Jahrhundert zugesprochen. Doch heute werden diese von deren Erben durch Wasser-Hedgefonds zusammengekauft. Solchen kommt die Dürre gelegen. Denn die Wasserrechte steigen seit Jahren ihren Wert - gleichermassen die Wasserpreise.

 

Ganze Flüsse können trocken gelegt werden

 

Bereits gibt es die Befürchtung, dass das Wasser nicht mehr in die Haushalte von ärmeren Menschen kommt und stattdessen grossen Industrie-Konzernen verkauft wird. Auch können aufgrund der Wasserrechte ganze Flüsse trocken gelegt werden, sofern das Wasser einfach weiter irgendwohin geleitet wird - was heute soviel heisst wie - verkauft wird. Die Folge: es können enorme ökologische Schäden auftreten.

 

Die weitere Verknappung des Wassers durch die Dürre ist also geradezu der Wunschtraum der Wasser-Hedgefonds denn diese haben erkannt, dass Wasser durch NICHTS zu ersetzen ist. Dort, wo es genügend Wasser gibt, lässt sich zwar damit auch ein Geschäft machen, in dem die Wasser-Versorgung übernommen wird. Dort hingegen, wo bereits Knappheit herrscht, gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen kann das Wasser von durch Bürger gehaltene Organisationen selbst verwaltet werden, zum anderen kann die Versorgung dem Markt überlassen werden.

 

Wert des Wasser geht «am Arsch» vorbei

 

Die Markt-Befürworter haben ein gewichtiges Argument für sich: Vielerorts - auch hier - wird sauberes Wasser als Selbstverständlichkeit zum Null-Tarif angesehen. Der Wert des Wassers geht den meisten - sprichwörtlich - am Arsch vorbei, wenn, wie praktisch überall in der Schweiz, bestes Trinkwasser zum Spülen der WC's verwendet wird und nicht sogenanntes Grauwasser, Wasser, das zum Beispiel schon zum Händewaschen oder zum Baden verwendet und danach gefiltert wurde. Dabei hätten Städte grosse Möglichkeiten und genügend Einfluss, mit Aufklärung, Fördermassnahmen, Gesetzen und Vorschriften den Wasser-Verbrauch zu beeinflussen und so auch in Krisenzeiten die essentielle Versorgung zu gewährleisten.

 

Hedgefonds geht es nicht um Versorgung

 

Wenn hingegen auf der Website des oben erwähnten Hedgefonds vom Wert des Wassers die Rede ist, geht es nicht um eine langfristige Versorgungssicherheit für alle, sondern nur für diejenigen, die es sich leisten können, das Wasser - womöglich auch teuer - einzukaufen. Dies ist logisch - aber auch problematisch. Wie bei den Gefängnissen, widersprechen sich die Interessen der Wasser-Unternehmer und jene der Gesellschaft. Und selbst bei einer Entspannung der Lage wäre eine Verknappung das Ziel eines solchen Fonds - weil es kommerziell sinnvoll ist.

 

Sollte aber die befürchtete Dürre wirklich eintreten, wird dies im Amerikanischen Südwesten zum ultimativen Test für die Verträglichkeit von privaten Gewinn-Interessen und öffentlichen Grundbedürfnissen werden. Der Blick auf die Gefängnisse verheisst in dieser Hinsicht nichts Gutes.