Kerrys Irrtum

 

01.02.2014

 

Die amerikanische Regierung scheint zu glauben, sie könne zur Tagesordnung übergehen, nachdem Obama ein paar Einschränkungen für die NSA verkündet hat. Was für eine Fehleinschätzung!

 

Von Thomas Gutschker

 

Seitdem Thomas de Maizière nicht mehr Verteidigungsminister ist, macht er als Freund der klaren Aussprache von sich reden. In München, bei der Sicherheitskonferenz, äußerte er sich zur Spionage durch die Vereinigten Staaten. Es gebe zwar weder Beweise noch Fingerabdrücke, so de Maizière, aber das, was zulasten deutscher Staatsbürger erfolge, seimaßlos“. Ein harter Satz, gesprochen vom neuen Innenminister und das vor einem Publikum mit ranghohen amerikanischen Gästen.

 

Manche von ihnen mag der Satz kalt erwischt haben, ist doch gerade der amerikanische Außenminister Kerry zu Besuch, um eine ganz andere Botschaft zu verbreiten: Für Deutschland und Amerika werde 2014 einJahr der Erneuerung“, verkündete er in Berlin. Einen Tag später rief er, diesmal in München, zu einertransatlantischen Renaissance“ auf.

 

Zurück zur Tagesordnung?

 

Über das Treiben der NSA verlor Kerry bei beiden Gelegenheiten kein Wort. Gesten des Bedauerns über das Abhören der Kanzlerin und Millionen DeutscherFehlanzeige. Offenbar lebt die amerikanische Regierung in dem Glauben, sie könne wieder zur Tagesordnung übergehen, nachdem Präsident Obama ein paar Einschränkungen für die NSA verkündet hat.

 

Was für eine Fehleinschätzung! Aus de Maizière sprach die Empörung, die in Berlin noch immer herrscht. Die Kanzlerin sagte diese Woche im Bundestag, es werde Vertrauenzerstört“. Das istunter Partnern, unter Freundender schlimmstmögliche Fall. Zuletzt fiel ein solcher Satz, als zwischen Gerhard Schröder und George W. Bush wegen des Iraks-Kriegs die Funken flogen; damals führten ihn die Amerikaner im Munde. Der Krieg ging vorüber, Washington kam zur Besinnung. Aber nun? Hat sich ein Spaltpilz eingenistet in den Beziehungen, der Woche für Woche wächst.