Eine zahnlose NSA? Nicht mit Obama!

 

Die neuen Maßnahmen zum Schutz vor Missbrauch gegen die Abhörpraxis der Geheimdienste fallen milder aus, als viele Beobachter erwartet haben. Im Zweifel ist den Amerikanern die Terrorabwehr wichtiger. Von

 

Torsten Krauel

 

Wer erwartet hat, Barack Obama werde die NSA abschaffen oder den Geheimdiensten die Zähne ziehen, ist von der Rede des Präsidenten enttäuscht. Das liegt in der Natur der Sache. Der Befreiungskrieg gegen die Kolonialmacht England hatte nur dank einiger geglückter Spionageaktionen Erfolg. Der Zweifrontenkrieg gegen Japan und Deutschland gelang Amerika im ersten Kriegsjahr 1942, ungerüstet wie es damals war, nur deshalb, weil es Japans Funkverkehr mitlesen konnte.

 

Und der 11. September 2001 wäre wahrscheinlich verhindert worden, hätte der Kongress nach Richard Nixon nicht radikal in die Kompetenzen der Geheimdienste eingegriffen. Diese Erinnerungen sitzen tief. Wenig ist so verheerend für ein US-Staatsoberhaupt wie die Anschuldigung, Amerikas Sicherheit gefährdet zu haben.

 

Obama musste nicht auf kriminelles Regierungshandeln gegen politisch missliebige Amerikaner reagieren, so wie der Kongress nach Richard Nixon. Edward Snowden hat zwar eine flächendeckende Vorratsdatenspeicherung aufgedeckt, mitsamt der erzwungenen Kooperation großer Internetfirmen. Er hat auch Selbstherrlichkeiten offengelegt, wie die Abhöraktion gegen die damalige Oppositionsführerin Angela Merkel, wohl um ein Charakterprofil der nächsten Bundeskanzlerin zu erstellen.

 

Die NSA ist nicht die Gestapo

 

Das sind für deutsche oder lateinamerikanische Betrachter mit den Erinnerungen an Gestapo, Stasi und Militärdiktaturen dramatische Vorgänge. Aus US-Sicht aber reicht die Dramatik längst nicht an die kriminellen Aktivitäten der CIA und des FBI in den 60er-Jahren heran.

 

Obamas Reformvorschläge fallen deshalb milder aus als diejenigen nach Nixons Amtsverzicht. Die anlasslose flächendeckende Datenspeicherung in den USA wird zwar nicht komplett abgeschafft, aber erheblich eingeschränkt. Ohne richterliche Genehmigung dürfen die verbleibenden Daten nicht mehr verwendet werden.

 

Einige der Vorschläge orientieren sich am europäischen Datenschutz, andere sind eher darauf gemünzt, Wählergruppen zufriedenzustellen, die Obama im Herbst bei der Kongresswahl nicht verlieren möchte. Ein Radikal-Umbau der Dienste aber wird ausbleiben. Der zerstrittene Kongress könnte sich derzeit darauf gar nicht einigen, denn die eingehegte NSA bleibt für Amerika unverzichtbar.

 

Trotz mancher Auswüchseder Hauptzweck des Lauschens ist der Schutz vor Terroristen, die andere Menschen wie die Fliegen töten wollen und dazu ohne Wimpernzucken auch eine Atombombe einsetzen würden. Ein solcher Fall ist bisher zum Glück ausgeblieben. Das bedeutet nicht, man könne die Vorsorge nun gänzlich sein lassen. Daran lässt auch Barack Obama keinen Zweifel.