Obamas radikaler Kurswechsel in Birma

 

Der Besuch des amerikanischen Präsidenten in Birma zeigt, dass Amerika bereit ist, seine Hand auszustrecken. Es bleibt abzuwarten, wie man an anderen Brennpunkten in Asien darauf reagiert. Von Clemens Wergin

 

Europa ist für Barack Obama seit Jahren nur noch ein Quell des Missvergnügens. Dies und die strategische Neuausrichtung gen Asien macht es nur folgerichtig, dass die erste Reise nach seiner Bestätigung im Amt dem pazifischen Raum gilt. Dass er hier zuerst Birma besucht, ist jedoch eine doppelte Ehre. Weil es nicht nur die erste Reise nach seiner Wiederwahl ist, Obama ist der erste amtierende Präsident überhaupt, der Birma besucht.

 

Werben um das instabile Land

 

Der überwältigenden Zuneigung, die Amerika diesem sich langsam öffnenden Land angedeihen lässt, haftet etwas Überhastetes an. Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass Birma aus der Kälte kam. Die demokratischen Reformen sind noch labil und jederzeit vom Militär rückholbar. Der Vielvölkerstaat wird am Rande von ethnischen Konflikten zerrissen, für die sich nicht einmal ansatzweise eine Lösung abzeichnet. Und es ist fraglich, ob das Land und seine schlecht ausgebildete Bevölkerung die ganzen Hilfs- und Investitionsmilliarden aus dem Westen überhaupt verdauen kann.

 

Dieser Besuch ist also, ähnlich wie Obamas Nobelpreis von 2009, ein Vorschuss auf zukünftige Politik, von dem man nicht weiß, ob er jemals zurückgezahlt wird. Obamas Besuch ist eine risikoreiche Wettefür die jedoch einiges spricht. China war in den Zeiten der Isolation eines der wenigen Länder, die eine enge Partnerschaft zu Birma pflegten.

 

 

Birma

Die Stille nach dem Krieg

Nun versucht Washington, das Land aus der engen Umarmung Pekings herauszulösen und in die Koalition derjenigen Staaten zu holen, die ein Gegengewicht zu Chinas Vormachtstreben in der Region bilden. Das rohstoffreiche Land ist eingeklemmt zwischen den Wirtschaftsgiganten Indien und China und hat eine strategische Bedeutung, die nicht zu unterschätzen ist.

 

Vorbild für den Iran-Konflikt

 

Es geht den USA aber auch darum, global ein Zeichen zu setzen. Nach dem Militärputsch von 1988 haben die Amerikaner Birma isoliert und mit harten Sanktionen belegt. Nun will Obama den Hardlinern in Nordkorea und den Mullahs im Iran deutlich machen, dass sich Wohlverhalten auszahlt: Seht her, so könnte es auch euch ergehen, wenn ihr von der Bombe lasst und eure feindselige Politik gegen den Westen beendet.

 

Amerika demonstriert, dass die Supermacht zu radikalen Kursänderungen bereit ist, wenn die andere Seite die ausgestreckte Hand ergreift. Ob Obamas dramatische Geste gut oder schlecht für Birma war, wird sich erst in einigen Jahren erweisen. Gegenüber dem Iran ist das jedoch ein kluger Schachzug. Weil sich Amerika nun nicht mehr vorwerfen lassen muss, nicht alles getan zu haben, um Teheran mit friedlichen Mitteln von der Bombe abzubringen. Jetzt liegt es an den Mullahs, zu entscheiden.