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von
Christian Tretbar
Immer wieder heißt es, Facebook habe den Zenit überschritten. Doch zehn Jahre nach
ihrer Gründung erweist sich die Plattform als lernendes
Netzwerk für die Mittelklasse. Trotzdem stellt sich die Frage, wo weiteres
Wachstum noch herkommen soll.
Schon 2006 hätte
Mark Zuckerberg einmal den
„Like“-Button klicken können
und wäre fein rausgewesen. Mit Viacom und Yahoo
hatten zwei damals große Medien-
und Internetkonzerne Milliardenangebote
für Zuckerbergs Facebook unterbreitet. Er hätte einschlagen und sich anschließend zur Ruhe setzen
können. Nur ist Ruhe nicht
das Richtige für einen wie Zuckerberg.
Er lehnte ab und sicherte Facebook so vermutlich den Fortbestand. Denn Yahoo hat es in der Folge nicht
geschafft, sich wirklich weiterzuentwickeln und
seine Macht zu halten.
Am
Dienstag wird das soziale Netzwerk zehn Jahre alt. Und Zuckerbergs damalige Standhaftigkeit zeigt vor allem eines:
Man sollte Facebook nicht zu schnell abschreiben.
Das
Netzwerk mag an Ansehen verlieren, es steht wegen
seiner Datenschutzpolitik oft schwer
in der Kritik, es gibt technische
Pannen, aber es ist vor
allem eines: anpassungsfähig. Vielleicht ist es auch
mehr ein lernendes denn ein soziales Netzwerk.
Facebook
hat einige seiner ehemaligen
Konkurrenten sterben sehen – oder sieht
ihnen noch dabei zu. MySpace war mal die Nummer eins und ist nun auf dem Weg ins Vergessen. StudiVZ startete wie Facebook, nur schaffte es nie
den Sprung aus der Studenten-WG. Und Google Plus? Der
Angriff des großen Konkurrenten mit der vergleichbaren Vita ist bisher nicht
wirklich schmerzhaft für Facebook – auch weil Google mit seiner Politik der spezialisierten
Kreise eher massenhaft Nischen sucht statt bloß
die Masse.
Facebook
hat sich weiterentwickelt
und sich stets geschickt verstärkt – wie mit dem Fotodienst
Instagram. Es setzt auf die
Verzahnung von Diensten, egal ob es um Fotos,
Musik oder Nachrichten geht. Und es setzt auf mobile Lösungen. Die eigene Smartphone-
App ist sicher kein technischer Überflieger, aber entscheidend für das Geschäftsmodell von Facebook war gar nicht
die Umsetzung im Detail. Allein dass Facebook den Sprung
in den mobilen Bereich geschafft hat, weckte neues Vertrauen.
Mit 1,2 Milliarden
Usern ist Facebook inzwischen to big to fail
Mit mittlerweile mehr als 1,2 Milliarden
Nutzern und den entsprechenden
Datenmengen ist Facebook schon das, was bisher für Banken galt:
to big to fail. Wie müsste man ein so riesiges Netzwerk abwickeln? Und was würde mit den Datenmengen, die Facebook
so wertvoll machen, geschehen?
Natürlich hat das Unternehmen
auch Probleme. Die Jugend zieht es
zu anderen Diensten. Aber solange die Mittdreißiger aufwärts das Netzwerk weiter nutzen, ist der Jugendschwund
für Facebook kein großes Problem. Es muss nicht die
Plattform der Nerds und der Jugend sein.
Es ist eher das Netzwerk für die große Mittelklasse. Und mittlerweile ist es so stark, dass es zur Not einen
scharfen Konkurrenten einfach schluckt.
Eine Herausforderung
aber bleibt: das Wachstum. Auch Facebook kann der Logik
des Marktes nicht entkommen. Der westliche Markt wird für Facebook immer kleiner, weil man ihn selbst
so gut wie abgegrast hat. Auch anderen Internetunternehmen
wie Google oder Amazon geht es so, weshalb
China mit seinem informations- und konsumhungrigen
Potenzial zum Sehnsuchtsort wird. Aber bisher hat es keiner geschafft,
dort Fuß zu fassen. Denn
nicht der Datenschutz ist der große Feind
der Branche, sondern die eingeschränkte Meinungsfreiheit.