Der 'Fall Oprah Winfrey': Man darf
sich aufregen
Petra
Stuiber
11.
August 2013
Der Zwischenfall
in der Schweiz zeigt das wahre Gesicht der ach so zivilisierten Gesellschaft
Ob
Oprah Winfrey in einer Schweizer
Nobelboutique erkannt hofiert oder unerkannt
wie ein Armutschkerl
abgekanzelt wird, ist natürlich für
den Lauf der Welt ungefähr so wesentlich wie der sprichwörtliche
Umfaller eines Fahrrads in China.
Die
Schweizer Blamage zeigt freilich mehrere Facetten von Diskriminierung und eine Geisteshaltung, wie sie nicht nur
in der Schweiz vorkommt: schwarze Frau, nicht aufgedonnert, nicht mit den Idealmaßen
eines Gucci-Kleiderständers
gesegnet, und dann auch noch anspruchsvoll
und schwierig - da lässt man gern einmal alltagsrassistische Gefühle raus. Die afroamerikanische Opernsängerin
Angel Blue erlebte Ähnliches
2011 mit einem Wiener Taxifahrer, der sich schlicht weigerte,
"black women" zu fahren.
Allerdings wissen sich prominente Menschen mit guten
Verbindungen zu Medien zu wehren.
Im Gegensatz zu all jenen, die nicht vermögend und einflussreich und dieser Geisteshaltung schutzlos ausgeliefert sind. Wie Asylwerber, gegen die Platzverbote ausgesprochen werden - wie im Schweizer
Ort Bremgarten. Oder Frauen
mit Kopftuch, die keinen Job finden, weil sie "anders" aussehen. Oder Menschen mit Behinderung,
die oft so behandelt werden,
als könnten sie nicht bis
drei zählen. Deshalb darf man sich über den "Fall
Oprah" aufregen: weil er zeigt, wie
sich die ach so zivilisierte
westliche Gesellschaft benimmt, wenn sie
sich unbeobachtet fühlt.
(Petra
Stuiber, DER STANDARD,
12.8.2013)